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Jesus war Sozi

In Deutschland ist wahrscheinlich wilder Wahlkampf, hier ist es grad nicht ganz so wild. Immerhin ist bald „Kirchenwahl“, und in schwedischen Kirchen können sich auch politische Parteien engagieren. Zum Beispiel die hiesigen Jusos, die neulich den Kirchenwahlkampf mit einem Clip bereicherten in welchem uns gesagt wurde: „Vergiss nicht: Jesus war Sozi“. Soweit so gut, davon kann man halten was man will. Viel interessanter fand ich den „biblisch fundierten“ Kommentar, der gestern groß und breit dazu in der Tageszeitung stand. Überschrift: Warum woll’n die Jusos Jesus?*

Der Kommentator sagt, dass er gut verstehen könne, warum die Jusos Jesus im Boot haben wollen, schließlich war er es doch, der in Lk 12,22-27** dazu aufrief, faul wie die Vögel und Lilien zu sein – nicht zu säen, nicht zu ernten und es sich dennoch gut gehen zu lassen. Und dass alle, die Geld haben, in der Hölle brennen werden (Lk 18,24). Zum Beweis habe Gott den erfolgreichen Bauern mit seinen gefüllten Scheunen ja auch sterben lassen, sobald er sich über seinen Erfolg freute (Lk 12,13-21). Außerdem sei Jesus schon immer gegen die christdemokratische Familienpolitik gewesen, er forderte ja seine Jünger auf, die Familie im Stich zu lassen, denn wer seine Eltern oder seine Kinder mehr liebt als ihn, sei seiner nicht wert (Mt 10,37f). Aber was wolle man schon erwarten von einem Sektierer wie Jesus, der, so die Zeitung, ernsthaft glaubte, dass in kurzer Zeit die Welt in Feuer und Schwefel brennen werde.

Klar, er sagte auch, man solle die andere Wange hinhalten, geht der Text weiter. Warum? Weil die Guten mit dem Himmel belohnt und die Bösen mit ewigen Plagen bestraft werden werden (Mt 25,31-46). Das habe der Sohn Gottes ausdrücklich proklamiert (Mt 12,30). Den Jüngern werde ein fiebriger Traum davon angeboten, mit dabei zu sein, wenn die Welt gerichtet werde, Menschen bestraft und ins Feuer geworfen werden, sie weinen zu sehen und Zähne knirschen zu hören. Damit sei es ja wohl kein Wunder mehr, warum die Jünger heute gerne vergeben und die zweite Wange hinhalten im Wissen, eines Tages alles, aber auch wirklich alles einmal grausam heimzahlen zu dürfen.

Die Schlussfolgerung des Kommentators ist nicht nur, dass er es zweifelhaft findet, Jesus mit politischem Beschlag zu belegen. Der letzte Satz sagt, dass es ihm persönlich völlig unbegreiflich ist, warum sich irgendjemand überhaupt in Gesellschaft von Jesus sehen lassen will.

Ich persönlich finde es ganz gut, dass sowas endlich mal offen gesagt wird. Viele denken doch sowieso so. Aber niemand würde wagen, es auszusprechen. Ob der Kommentar Anstoß zu Diskussionen geben wird? Unter Christen sicher. Und sonst? Ich weiß es nicht.

Jedenfalls dachte ich wieder mal, dass „They like Jesus but not the church“ hier bei uns ganz sicher ganz und gar nicht der Fall ist.

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* Dieses Wortspiel geht nur im Deutschen und fiel mir selbst erst nach der Übersetzung auf.

** Alle Bibelverweise wurden aus dem Kommentar entnommen.

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