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Apocalypse not now.

Aber pretty soon. Deshalb entscheide ich mich, ein frommer Prepper zu werden. Was ich damit meine.

Foto oben: Tote Fichte, Opfer des Borkenkäfers.

Viele Menschen meiner Generation tun so, als wäre nichts geschehen. Als seien die Dürren, die Überschwemmungen, die brennenden und sterbenden Wälder zwar tragisch, aber nur lauter unglückliche Zufälle. Das wird schon wieder. Wahrscheinlich glauben sie es wirklich. Der Mensch war immer schon ein Meister im Verdrängen unschöner Wahrheiten. Und im Von-sich-Schieben eigener Verantwortung. Schuld sind die anderen. Deshalb brauch ich mich nicht zu ändern.

Wäre da nicht die Physik. Die ist gnadenlos. Lässt weder mit sich handeln noch Dinge schönreden. Nimmt null Rücksicht auf unsere Psyche mit ihren verwunschenen Strategien. Folgt knallhart ihren Gesetzen. Zur schreibenden Stunde haben wir demnach und laut Klimauhr nur noch drei Jahre, zehn Monate und eine gute Woche übrig, bis wir die globale 1,5°C-Grenze überschreiten. Selbst, wenn man es optimistischer sehen will und wir sogar noch fünf oder sechs Jahre hätten, selbst dann ließe sich das 1,5°-Ziel nur noch mit einem radikalen und totalen Vollstopp erzwingen. Das hieße buchstäblich von heute auf morgen sämtliche Emissionen von fossilem CO2, von Methan und Lachgas auf unter Null zu bringen. Ab morgen kein Benzin, kein Öl, keine Kohle, kein Fleisch mehr. Für keinen auf der Welt. Wer sich diese Welt aber gerade so anschaut, denn dazu gehören ja auch die derzeitige Regierung Schwedens, die neuen Kohlekraftwerke Chinas, die Kriegstreiber Russlands oder die deutsche FDP, der wird sehr schnell einsehen, dass das 1,5°-Ziel schon so gut wie durchgelaufen ist. Streng theoretisch wäre es vielleicht noch irgendwie drin, aber nur mit diesen kosequenten und drastischen Maßnahmen. Praktisch ist die 1,5°-Marke einfach nicht mehr aufzuhalten. Hinzu kommt, dass oben erwähnte Erwachsene sehr blauäugig darin sind, was uns danach erwartet. Man glaubt vielleicht, es gäbe dann einfach noch mehr feine Sommertage. Doch in Wahrheit kommen uns mit der 1,5°-Grenze die ersten unumkehrbaren Kipppunkte gruselig nahe: Wenn z.B. das arktische Eis erstmal eine gewisse Größe unterschreitet, reflektiert es immer weniger Sonnenenergie zurück ins All, auf der Erde wird es folglich immer noch wärmer. Da gibt es keinen Rückwärtsgang. Steht die Apokalypse jetzt also noch brav vor der Tür, so schreitet sie mit jedem Zehntelgrad näher an die Tür heran. Sie wird weder freundlich klingen noch anklopfen. Ist der erste Kipppunkt erreicht, ist die Haustür aufgebrochen. Danach wird’s richtig ungemütlich. Es ist sogar zweifelhaft, ob wir bei dem Blabla der oben genannten Machthaber überhaupt in der Lage sind, eine 2°C-Grenze einzuhalten. Dann, oh ja dann wird’s noch viel, viel gruseliger. Doch leider wird auch das immer und immer wahrscheinlicher.

Wegen dieser trüben Aussichten sehe ich mich gezwungen, wieder mal ein paar Dinge bei mir ganz persönlich zu verändern. Ein solches Ding ist, dass ich nicht mehr mit Klimaleugnern oder Kopf-in-den-Sand-Steckern diskutieren mag. Ich lass es einfach. Sollen sie doch dem selbstherrlichen Gerede eines Christian Lindners Glauben schenken oder AfD wählen (bzw. die jeweiligen Äquivalente in anderen Ländern). Nach vielen Jahren hingegebener Missionsarbeit hat die Dummheit des Menschen meine Seele wund gescheuert. Sinnlose Diskussionen tun meiner eigenen Psyche nicht so gut. Also gebe ich fortan jedem die Freiheit, allein und für sich in seine eigene, ganz persönliche Hölle zu fahren. Wir werden schließlich alle leiden, soviel ist sicher. Ich auch. Und damit bin ich beim zweiten Punkt. Ich möchte nicht aufhören, Salz und Licht zu sein. Für den, der da suchet, soll es auch was zu finden geben. Ohne meine Perlen vor die Säue werfen zu müssen. Im Gegensatz zu Leugnern oder rosaroten Brillenträgern möchte ich nämlich gut vorbereitet sein. Das ist schließlich der Hauptzweck aller Zukunftsforschung – weise und vorausschauend zu fahren, um wirklich vorbereitet zu sein, wenn es dann soweit ist.

Diese Vorbereitungen haben wiederum zwei Bereiche, einen kleinen, leichteren und einen großen, schweren. Der kleinere Bereich eins umfasst praktische Fragen wie „Was werde ich essen?“ „Trinken?“ „Wie sieht meine Energieversorgung aus?“ „Wie entsorge ich?“ Und so weiter. Hier geben die Behörden vieler Länder Empfehlungen, wie jeder sich privat auf Krisen vorbereiten sollte. Außerdem gibt es ganze Wissenschaften aus der sogenannten Prepper-Community. „Prepper“ (von englisch prepare = vorbereiten) sind Leute, die sich ganze Survivalpläne ausgearbeitet haben, manche sogar mit Bunker und Vorräten, die sehr lange halten. So weit will ich nicht gehen. Ich möchte nur eine Vorstellung haben, woher mein Essen kommt, wie ich möglichst nicht gehackt werde oder wie wahrscheinlich es ist, dass mein Heim überflutet wird.

Bereich zwei ist der wirklich interessante. Hier geht es nämlich um die innere Vorbereitung. Die Stählung der Seele sozusagen oder anders ausgedrückt: Die Zähmung des inneren Schweinehundes. Wie geht man gut und stabil mit Lebensgefahr, Unsicherheiten, Entbehrungen um? Wie stehe ich generell zum Thema Leid? Und hier mache ich wiederum zwei Beobachtungen: Erstens, die Bibel ist ein reicher Schatz an Sprache und Ressourcen für den persönlichen Umgang mit Schmerz, Verlust und Unsicherheit. Zweitens, in vielen freikirchlichen Kulturen, die ich so kenne, sind die meisten Analphabeten, was Leid angeht. Eingelullt vom Wohlstandsevangelium. Man erinnere sich: Während der Pandemie sind wir Christen in der Öffentlichkeit weniger als Ninjas aufgefallen, die geschickt jedes neue Leiden parieren können – sondern eher als… sagen wir mal: Jammerlappen. Das war mir eine Lehre. Ich persönlich möchte deshalb den Schatz der Bibel für mich wieder neu erlernen. Ein starker Geist kann nämlich durchaus einen schwachen Körper durchhalten lassen.

Somit begebe ich mich auf eine Reise ins Land der geistlichen Disziplinen. Oh, wie weit ich davon abgedriftet bin! Wie peinlich! Es war eine lange Reise, alleine, um nur bis an die Grenzen dieses Landes zu kommen. Jede konsequente Disziplin, alles, was Selbstbeherrschung fordert und trainiert, bringt dich ein paar Schritte näher an dieses Land heran. So war es sehr gut für mich, seit fünf Jahren kein Auto mehr zu haben. Halbmarathons zu laufen. Kein Fleisch und keine Milchprodukte mehr zu verzehren und trotzdem glücklich zu bleiben – selbst wenn auf dem fettesten Büffet für mich nur eine Scheibe Brot ohne Butter zur Wahl steht. Doch jetzt merke ich: ich muss noch weiter gehen. Noch viel weiter! Neue Sprachen lernen, auf Alkohol und Kaffee verzichten, stattdessen regelmäßiges Eisbaden. Und sich gleichzeitig bewusst in Genügsamkeit und Dankbarkeit üben. Gott regelmäßig für die kleinen Schätze des Alltages danken. Meine Trauer in den Griff kriegen. Meine Hoffnung täglich auf Ihn zu setzen, ohne aufzugeben. Und ohne jemals zu denken, da könne ich doch sowieso nichts machen. Meine Feigheit herausfordern. Meinen Mut fördern. Gottesfurcht statt Menschenfurcht zu üben. Ein bescheidener Gentleman zu bleiben.

Und nicht zuletzt: Vorbereitet zu sein, wenn der letzte Atemzug sich nähert. Auch das will gelernt sein. Denn selbst die schlimmste Apokalypse wird sich eines Tages auflösen.

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