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Eph 3,15 oder: Warum kippt ein Läufer aus den Latschen?

Der Göteborger Halbmarathon am vergangenen Samstag muss wohl, wenn man den Interviews, Zeitungen und befreundeten Läufern zuhört, einer der schwersten seit Beginn vor 30 Jahren gewesen sein. Ständig hörte man die Sirenen irgendwelcher Ambulanzwagen, über 60 Läufer wurden ins Krankenhaus eingeliefert, einige lagen noch am Montag auf Intensivstation. Als Läufer sah man immer wieder andere links oder rechts der Strecke liegen, teilweise an einen Tropfbeutel angeschlossen, den man an einen Ast oder ein Straßenschild gehängt hatte. Es gab eine Rekordzahl an Läufern, die aufgaben. Alle Läufer, die das Ziel erreichten, sind sich erstaunlich einig: Noch nie sei es so anstrengend gewesen, zu laufen. Man sei so enttäuscht, man habe sich wahnsinnig verschlechtert seit letztem Jahr, das Zeitziel sei nicht erreicht worden. Manche hätten 10 Minutern schneller sein wollen, manche 15, manche 30. Nur der Sieger des Laufes, ein Kenianer, konnte einen neuen Rekord aufstellen. Aus Kenia kommend war er offenbar besser vorbereitet als die anderen. Denn die „Schuld“ dieser Schlappe wird allgemein dem Wetter zugeschoben. Es war der erste richtig warme Sommertag, und damit hatte keiner gerechnet. Alle hatten über einen superkalten Winter hinweg und während eines durchweg kühlen Frühlings trainiert. In der Sonne zu laufen, tja, man hatte einfach vergessen, wie das ist. Zu wenig haben genug getrunken, sich mit Wasser übergossen oder die aufgestellten Schläuche genutzt, um sich eine kalte Dusche zu geben.

Aber ist es wirklich so, dass jeder, der nicht ganz so schnell ins Ziel gekommen ist wie gewünscht, sich als Versager fühlen muss? Oder geht es nicht vielmehr darum, überhaupt durchzukommen und das Ziel zu erreichen? Ich für meinen Teil bin sehr zufrieden. Der Lauf hat Spaß gemacht, und weil ich ohnehin leichte Probleme mit meinem Knie hatte, habe ich gar nicht erst angefangen, mir Zeitstress zu machen. Immer, wenn es bergab ging, musste ich gehen, weil ich da nicht laufen konnte. Doch ich bin trotzdem angekommen! Bei km 21, ganz kurz vor dem Ziel, kamen tatsächlich zwei kleine Freudentränen: Gleich habe ich es wirklich geschafft, ich bin einen Halbmarathon gelaufen!

Unser Glaubensleben ist ebenfalls eine Art Marathon. Kein Sprint. Es kommt nicht darauf an, der Schnellste, Beste, Tollste zu sein. Es kommt erst recht nicht darauf an, schneller, besser, toller als die anderen Läufer zu sein. Worauf es einzig und allein ankommt, ist das Ziel zu erreichen. Aber zu glauben ist anstrengend wie ein Marathon. Es kann heiß werden, man kommt ins Schwitzen, die Knochen können weh tun. Da sind andere, die einen ständig überholen, und das kann frustrierend sein. Die weite Strecke, die noch bis zum Ziel auf mich wartet, ebenfalls. Fragen kommen auf. Es geht bergauf, bergab. Zu glauben ist kein Leben im Comic, immer spaßig, immer bunt, immer happy. Es ist buchstäblich schweißtreibend. Wir sollten also besser vorbereitet sein auf die Eventualitäten. Der Kenianer wusste, wie es ist, in der Sonne zu rennen. Wie es ist, im kühleren Klima zu rennen, weiß er aber auch, denn er gewann nicht zum ersten Mal in Göteborg. Ein Läufer sollte wissen, was ihn oder sie erwartet, und ein Glaubender sollte immer wissen: Zu glauben geht auch nicht einfach wie von selbst. Ein theoretisches Glaubensbekenntnis reicht nicht. Selbst die Mitgliedschaft in einer lebendigen Gemeinde reicht nicht. Wer sich nur zum Halbmarathon anmeldet und sogar die Anmeldegebühr bezahlt, aber nie am Start erscheint, kommt auch nicht zum Ziel. Glauben heißt, sich auf den Weg machen. Den Weg gibt Jesus vor. Er ist der Weg. Glauben heißt, Jesus nachfolgen. Fragen, hören, sehen, um nicht von der Strecke abzukommen. Wer nicht Jesus nachfolgt, kommt nie ans Ziel. Zu glauben kostet Kraft. Manchmal viel Kraft. Deshalb betet Paulus, dass der Vater im Himmel uns Kraft geben möge nach dem Reichtum Seiner Herrlichkeit (Eph 3,15). Er betet, dass wir stark werden mögen, ausdauernd, durchhaltend. Und Gott bietet alles an, was wir benötigen. Auf der Halbmarathonstrecke werden Wasserbecher, Isodrinks, Schlauchduschen oder Schwämme angeboten. Keine Sahnetorte und keine Pommes mit Majo. Gott bietet ebenfalls alles auf der Strecke an, das wir brauchen, um einen wirklich schlauchenden Glaubenslauf bis zum Ende durchzuhalten. Denn nur wer das Ziel erreicht, gewinnt. Winners never quit and quitters never win.

An DEM Ziel wird uns mehr erwarten als nur zwei kleine Freudentränen…

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