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Akzeptierte Sünden

Man hört nicht viel über „Sünde“ heutzutage. Vielleicht ist das nur in Schweden so, wo niemand es wagt, einen anderen zu korrigieren oder gar zu kritisieren. Doch mir scheint es ein genereller Trend des Westens zu sein, jeden nach seiner Façon machen zu lassen. Auch in Gemeinden. Es gibt zwar noch geächtete Sünden, aber es werden weniger. Mehr und mehr wird akzeptiert, wird normaler, weil es einfach „alle“ machen. Wenn aber Kirche und Gemeinde einen guten Umgang mit der Sünde verlernt, wer ist dann da, um Salz und Licht zu sein?

Wo keine Sünde, da keine Vergebung. Wo keine Vergebung, da keine Gnade. Wo bleibt die gute Nachricht, wenn von Vergebung nur schwammiges Bla-Bla übrig bleibt? Wir mögen wissen, was billige Gnade ist, doch teure Gnade* wird zur Unbekannten. Wer aber keine teure Gnade kennt, ist wie ein Mensch, der viel vom Bergsteigen redet, ohne jemals selbst das Glücksgefühl am Gipfelkreuz erlebt zu haben, weil er die Mühen des Aufstieges scheut.

Neulich las ich einen interessanten Artikel zum Thema akzeptierte Sünden. Er handelte von der allseits akzeptierten Sünde der Maßlosigkeit.** Sehr treffend beschrieb der Autor, wie wir Menschen immer mehr wollen, obwohl wir schon genug haben, dass uns die zugeteilte Portion nicht genug ist – sei es auf dem Teller, im Geldbeutel, im Bett, wo auch immer. Maßlosigkeit war die Ursache des Sündenfalls, weil Adam und Eva sich nicht mit dem zufrieden gaben, was sie hatten.

Was mir aber besonders an diesem Artikel gefiel, ist, dass er keine moralisierende Predigt wird. Das passiert so leicht beim Thema Sünde. Dem Autor gelang es, dem Ganzen ein positives Vorzeichen zu geben. Unsere Neigung zur Völlerei macht nämlich unseren Appetit auf Gott sichtbar. Richtiger Umgang mit Sünde leitet den Sünder zu Gott, nicht in die Verdammung. Der Autor meint, dass wir alle neu lernen müssen, in Gott und seiner Liebe zu schwelgen, Gottes Leben zu feiern, Ihm und nicht einem billigen Ersatz hingebungsvoll zu fröhnen. Wir müssen lernen, uns an der Liebe Gottes sattzutrinken, denn nur sie kommt aus reiner Quelle, und ihr Geschmack verändert Leben.

Meiner Meinung nach geht das nur, indem Sünde offen beim Namen genannt und nicht peinlich verschwiegen wird. Es geht nur, indem wir Vergebung ganz neu betrachten, nämlich als Teilnahme an Gottes rauschender Lebensparty in Seinem eigenem Palast. Wir kommen nur durch eine einzige Tür in jenen Palast, durch die, welche Jesus Christus heißt. Nur an dieser Tür werden uns die angemessenen Kleider ausgehändigt, die auf Gottes rauschenden Parties erwartet werden.

Wenn heutzutage also auch in Gemeinden immer mehr Sünden akzeptiert werden, ist das der schiere Beweis unserer Vergesslichkeit. Wir haben völlig vergessen, dass der richtige Umgang mit Sünde nicht zu wunden Knien, blutigen Rücken oder schlechten Gewissen führt, sondern immer zu überschwänglicher Freude und lebensspendenen Erfahrungen mit Gott. Wie gesagt, nur der richtige Umgang ermöglicht dies. Totschweigen ist völlig falsch. Im Prinzip müssten wir alle völlig wild darauf sein, unsere Sünden endlich bekennen zu können um sie damit loszuwerden und freizuwerden.

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* Dietrich Bonhoeffer unterscheidet in seinem Buch „Nachfolge“ eindrucksvoll zwischen dem, was er billige und teure Gnade nennt.

** Der Artikel kann bei Interesse hier gefunden und nachgelesen werden.

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