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Die hässliche Seite der Schönheit

Viele Deutsche mögen Schweden, nicht zuletzt schwedisches Design. Neulich machte ich mit einigen Deutschen eine Stadtführung durch Göteborg, und die Kommentare waren eindeutig: „Wie schön!“ „So sauber und aufgeräumt!“ „Der Weihnachtsschmuck ist gar nicht so kitschig!“ „Die Schweden wissen, was schön ist!“ Richtig, die Schweden verstehen es.

Ich möchte euch eine kurze Geschichte von Yngryd erzählen. Sie ist eine typische Schwedin, groß, blond, schlank. Wie alle Schweden machte sie Abitur, und wie viele andere legte sie hinterher ein Gapyear ein, eine Zeit im Ausland, um die Welt kennenzulernen und das Leben zu genießen. Die Welt war so spannend, dass aus dem Gapyear zwei Gapjahrzehnte wurde. Als sie wieder zurückkam, war es Zeit für eine Berufsausbildung, fand sie. Hier trafen wir Yngryd zum ersten Mal. Sie war interessiert an H2O. In vielen Unternehmungen und tiefen Gesprächen lernten wir sie recht gut kennen. Yngryd fühlte sich leer und suchte nach mehr. Eine Gemeinde, die anders war, schien attraktiv.

Wer Yngryd zu Hause besucht (was in Schweden nicht so oft vorkommt, man lässt Fremde nicht so gern in sein Heim), wird überrascht sein. Die Wohnung ist wie eine Designerausstellung. Alles perfekt arrangiert, aufeinander abgestimmt, sauber, schön. Der Garten ebenfalls. Perfektes Gras, Steine, Lampen, Deko. Nicht zu viel und nicht zu wenig – genau lagom, wie man in Schweden zu sagen pflegt.

Als Yngryd einsah, dass der Glaube an Jesus, den H2O lebte und vermittelte, keine Dekoware ist, die das Leben schmückt, sondern ein Lebensstil, der Hingabe, Treue und Opferbereitschaft erfordert, wandte sie sich ab. Der Preis war zu hoch. Nachfolge ging nicht. Sie wollte keinem Messias folgen, sondern ihr Leben selbst bestimmen.

Seither lebt sie in einer wunderbaren Wohnung mit phantastischem Garten und verschönert ständig noch mehr. Doch ihre Seele ist einsam, leer und zunehmend verbittert.

Yngryd ist ein kleines Beispiel für ein ganzes Gesellschaftsphänomen. Unsere Städte, Häuser, Computer, Mobiltelefone werden in gleichem Maße schöner wie der Mensch, der sie bevökert und benutzt, vereinsamt und innerlich verdorrt. Wunderschönes Design kann Symptom für eine hässliche Krankheit sein: geistliche Hypothermie. Schau Dich um: Bald kommunizieren wir mehr mit Geräten als mit Menschen aus Fleisch und Blut.

Dies muss dringend Auswirkungen darauf haben, wie wir Jüngerschaft lehren, einüben und leben. Also: Versteck Dich nicht. Montiere Deine Gardinen ab. Lass Menschen in Dein Leben schauen. Sei gastfrei. Sei kreativ. Wir Christen müssen Beispiele dafür sein, wie im Durcheinander des
Miteinanders eine Schönheit entdeckt wird, die unsere reine und
gestylte Welt nicht bieten kann.

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