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Die Lehre der Leere (3): Die Entdeckung

Diese Art „Er-sucht-und-findet-mich-Schatz“ hat sowieso etwas ganz besonders Listiges und Gerissenes an sich. Einerseits wollen sie gefunden werden, andererseits tarnen sie sich besonders gut, tragen die Intelligenz der Delphine, die Tarnung der Chamäleone und die Formbarkeit der Amöben in sich und scheuen sich nicht, von allem reichlich Gebrauch zu machen. Und zuweilen nehmen sie die Form hässlicher Kaffepötte an, nur um sich dahinter verstecken zu können. Dort warten sie. Schätze, das wissen wir alle, sind sehr geduldig. Das unterscheidet sie von uns Menschen.

Meiner wartete also geduldig auf der Küchenbank. Wochenlang. Rotgelb schweigend und ungeöffnet. Bis ich mir überlegte, dass ich nun mal überlegen müsste, was mit diesem komischen Karton anzustellen sei. Denn benutzen wollte ich die hässliche Tasse eh‘ nicht, doch einfach so wegwerfen wollte ich sie auch nicht. Immerhin war sie das Geschenk meines Chefs und damit symbolisierte sie aufrichtige Anerkennung für ein Jahr Blut und Schweiß. Und weil Anerkennung zu meinen wichtigsten Sprachen der Liebe gehört, machte mich allein der Anblick des Kartons jedes Mal ein bisschen glücklich.

Andererseits sieht eine hässliche Tasse in einem hässlichen Karton irgendwie noch hässlicher aus, fand ich, und damit beschloss ich, auf jeden Fall die Verpackung in die ewigen Recyclinggründe eingehen zu lassen.

Ich staunte nicht schlecht, als die Unsichtbarkeit erstmals sichtbar wurde. Wie Sherlock, der im Ganzkörperanzug mit demselben Muster wie Watsons Tapete mysteriös vor unseren Augen verschwindet obwohl er doch mit jedem Molekül im Raume bleibt, so hob sich plötzlich etwas Anderes, Neues, Unerwartetes vom Kaffeepott ab, und siehe da, ein Büchlein, perfekt getarnt mit demselben komischen und gelbroten Muster wie auf der Tasse. So sind wohl manche Sachen, die wir getrost belachen, weil uns’re Augen sie nicht seh’n.

Fortsetzung folgt.

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