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Wenn der Bock zum Gärtner wird

(Foto: Sultan Al Jaber, derzeitiger Präsident der UN Climate Change Conference COP28 und Chef der Abu Dhabi National Oil Company spricht in der Energy Session am 2. Dezember im Al Waha Theater, Expo City Dubai. Foto von COP28 / Stuart Wilson, Creative Commons License on Flickr)

Es gibt Sprichwörter, die sind einfach so amüsant und wunderbar anschaulich, dass man sich unweigerlich fragt, wie überhaupt noch jemand auf die wenig intelligente Idee kommen kann, einen Ziegenbock zum Gärtner zu befördern. In anderen Sprachen wird übrigens der Fuchs zum Gänsehüten eingesetzt oder die Katze zum Wächter der Sahne. Seit diesem Monat hat die Welt noch ein weiteres Bild: Den Ölscheich zum Präsident der Klimakonferenz machen.

Dieser Ausdruck hätte ein echter Schenkelklopfer werden können, wäre es ein Witz gewesen, ein Sprichwort geblieben. Doch dann runzelt man die Stirn und denkt: „Moment mal, da macht ja wirklich jemand den Wolf zum Schäfer…!“ Man stutzt, reibt sich die Augen, schaut nochmal hin, schüttelt sich, schaut ein drittes mal und kriegt trotz hängendem Kiefer keinen Ton heraus. Man denkt nur: Der plappert doch bloß, was dort alle hören wollen! Wer bitte schön macht denn ausgerechnet Papageien zu Dolmetschern?! Welche Vollidioten waren hier am Werk?

Jeder weiß mittlerweile, dass wir auf dem Wege zu einer 3-4°C-Erderwärmung sind (stell dir dabei mindestens 41° Fieber vor, und wie gut sich das so anfühlt). Die Meeresspiegel werden in einem Maße steigen, dass ganze Staaten, riesige Küstenflächen ertrinken. Andere Gegenden werden derart heiß werden, dass dort niemand mehr wohnen, geschweige Landwirtschaft betreiben kann. Unwetter wie katastrophale Stürme oder Überschwemmungen, Dürren und Missernten werden uns heimsuchen. Der begrenzte Lebensraum muss mit Tieren geteilt werden, das wird neue Krankheiten und Pandemien fördern. Das Leben und die Gesundheit von vielen hundertmillionen Menschen steht auf dem Spiel.

Mittlerweile weiß auch jeder, dass die Verbrennung fossiler Brennstoffe Grund Nummer eins für diese Misere ist. Jeder weiß, dass wir einen Foexit brauchen, den fossilen Exit und zwar sehr schnell. Auf dem Weg dorthin muss die Verbrennung fossiler Rohstoffe massiv gesenkt werden. Ja, das wird ein enormer Kraftakt werden – gegen den sich sämtliche Ölfirmen seit Jahrzehnten schon mit ausnahmslos allen Mitteln wehren, die ihnen zur Verfügung stehen. Weil ihr Gott die Gier ist. Es gelingt ihr: Die CO2-Emissionen steigen immer noch, Jahr für Jahr. Die regelmäßigen COP-UN-Klimakonferenzen waren ein Versuch zur Kursänderung. Doch nun steht er da, Sultan Al Jaber, und singt in engelsweißer Tracht: „Hört auf miiich, gaube miiir, Augen zuuu, vertraue miiir…!“ während alle wissen, das er und seine Abu Dhabi National Oil Company planen, die Ölförderung in der Zukunft massiv zu steigern (wie übrigens alle anderen Ölgurus auch)! Da denke ich nur: Ist das noch ein Faultier als Fitnesscoach oder schon der Dieb zum Polizist gemacht? Jedenfalls ist es der Ölindustrie nun auch gelungen, den ehrenwerten Versuch der COP-Konferenzen piratenmäßig zu kapern und das Steuer zu übernehmen, wo man jetzt mit viel schönem Blabla verschleiern kann, dass man eben auch 2023 einen neuen Rekord bei der Ölförderung aufstellen will, und 2024 noch einen, 2025 einen weiteren. Da machte man das Krokodil zum Bademeister. Es ist desaströs. Eine Ungerechtigkeit, die zum Himmel schreit.

Trost gibt mir in diesen Lagen, wie so oft, das Alte Testament.

In diesem Fall Jesaja.

Weh denen, die ein Haus zum anderen rücken, bis kein Raum mehr da ist und sie allein das Land besitzen!

Weh denen, die des Morgens früh aufstehen, dem Saufen nachzugehen, und sitzen bis in die Nacht, dass sie der Wein erhitzt, und haben Harfen Zithern, Pauken und Wein in ihrem Wohlleben, aber sehen nicht auf das Werk des Herrn und schauen nicht auf das Tun seiner Hände!

Weh denen, die das Unrecht herbeiziehen mit Stricken der Lüge und die Sünde mit Wagenseilen und sprechen: Er lasse eilends und bald kommen sein Werk, dass wir’s sehen; es nahe und treffe ein der Ratschluss des Heiligen Israels, dass wir ihn kennenlernen!



Weh denen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen, die aus sauer süß und aus süß sauer machen!

Weh denen, die weise sind in ihren eigenen Augen und halten sich selbst für klug!

Weh denen, die Helden sind, Wein zu saufen, und wackere Männer, Rauschtrank zu mischen, die den Schuldigen gerecht sprechen für Geschenke und das Recht nehmen denen, die im Recht sind!

Darum, wie des Feuers Flamme Stroh verzehrt und Stoppeln vergehen in der Flamme, so wird ihre Wurzel verfaulen und ihre Blüte auffliegen wie Staub. Denn sie verachten die Weisung des Herrn Zebaoth und lästern die Rede des Heiligen Israels.

Aus Jesaja 5

Es sind Texte wie diese, die mich weiter an Gerechtigkeit glauben lassen. Und an ein Gericht, dem jeder sich stellen werden muss. Deshalb will ich, so weit es eben geht, weise, klug, vorausschauend handeln. Vor allem will ich mir nichts schönreden.

Schließlich will ich nicht den Teufel zum Beichtvater machen.

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